Die Zähmung der Erben

Die Zähmung der Erben – oder wie der Wille des Erblassers weiterlebt

In dem letzten Artikel wurde ein Weg aufgezeigt, eine Erbengemeinschaft zu verhindern und somit mögliches Streitpotential zu beseitigen.

Im Folgenden wird ein Weg aufgezeigt werden, der eine Erbengemeinschaft zulässt, ohne dass die Erben nennenswerte Einflussmöglichkeiten auf die Verteilung des Nachlasses hätten. Auch auf diese Weise könnte zukünftiger Streit vermieden werden.

Wir nehmen uns als Beispiel den bereits aus dem letzten Artikel bekannten Erblasser Schlau. Erblasser Schlau hat drei Kinder. Zu vererben sind eine Immobilie im Wert von 200.000,00 €, Kunstgegenstände im Wert von 50.000,00 € und ein Barguthaben in Höhe von ebenfalls 50.000,00 €. Schlau weiß, dass seine Kinder über die mögliche Verwertung der Immobilie uneins wären. Das Kind Ruck würde die Immobilie nach dem Ableben des Erblassers gerne veräußern, das Kind Zuck vermieten und Kind Meins würde die Immobilie gerne selbst bewohnen. Dazu ist Ruck Kunstliebhaber und würde die Kunstsammlung des Vaters gerne für die Familie erhalten, während die Geschwister die Kunstsammlung verkaufen wollen würden. Bei derart verschiedenen Interessenslagen wäre der Streit vorprogrammiert.

Der Erblasser Schlau möchte die Kunstsammlung in der Familie halten, das Haus verkauft wissen und jedes Kind wertmäßig gleich bedenken. Also macht Schlau seinem Namen alle Ehre und erstellt – als Variation zum letzten Testament ( Ausgabe Juni/Juli) folgendes Testament (verkürzt wiedergegeben):

„Meine Kinder Ruck, Zuck und Meins sollen jeweils zu gleichen Teilen erben. Ruck soll die Kunstsammlung erhalten. Die Immobilie soll verkauft und der Veräußerungserlös zusammen mit dem Barvermögen unter den Kindern aufgeteilt werden, wobei der Wert der Kunstsammlung dem Ruck voll angerechnet wird.

Um sicherzustellen, dass seine Anweisungen auch befolgt werden, verfügt Schlau weiter:

„Ich ordne Testamentvollstreckung an. Testamentsvollstrecker soll der Rechtsanwalt Schnellundgünstig sein. Dem Testamentsvollstrecker gebe ich die Anweisung, die Immobilie zu veräußern, die Kunstsammlung meinem Sohn Ruck zu übergeben und den Erlös unter Berücksichtigung der obig genannten Regelung an meine Kinder auszukehren.

Mit dem Testament schließt Schlau diesmal eine Erbengemeinschaft nach seinem Tode gerade nicht aus. Allerdings hat er einen Testamentsvollstrecker eingesetzt. Dieser ist nach dem Ableben des Schlau „Herr über den Nachlass“ und wird dafür sorgen, dass die Anweisungen des Schlau vollständig umgesetzt werden. Da die Erben keinen Zugriff auf den Nachlass haben, können sie sich nicht im Rahmen der Verwaltung oder Verteilung des Nachlasses streiten.

Im Ergebnis wurde auch mit diesem Testament Streit vermieden und der Wille des Schlau umgesetzt. Welche Alternative sinnvoller ist, hängt vom Einzelfall ab. Eine Testamentvollstreckung ist zumeist zwar mit einem finanziellen Aufwand verbunden, stellt aber sicher, dass der Wille des Erblassers nach dessen Tod vollständig umgesetzt wird.

Das Erbrecht bietet noch weitere Varianten, die je nach Anzahl der Erben und des zu vererbenden Vermögens individuell sinnvoll sein können. Diese werden in den nächsten Ausgaben vorgestellt.